In Deutschland gibt es zwei Arten der Krankenversicherung: die Gesetzliche und die Private. Viele glauben, dass die private Krankenversicherung besser ist. Aber stimmt das?

Zwei-Klassen-Medizin?

Besonders ausgeprägt ist dieser Glaube, wenn es um die Terminvergabe geht. Studien belegen, dass dieser Glaube tatsächlich Realität ist. So fand beispielsweise das Allensbacher Institut für Demoskopie im Jahr 2014 heraus, dass 57 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten schon mal sehr lange auf einen Arzttermin warten mussten. Bei den Privatversicherten waren es nur ein Drittel. Auch im Wartezimmer zeigen sich Unterschiede. Über die Hälfte der gesetzlich Versicherten sagt, dass sie schon häufig trotz eines Termins lange im Wartezimmer sitzen mussten. Bei den Privatpatienten war es nur ein Viertel. Eine Umfrage der Grünen in Bayern aus dem Jahr 2015 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Hier wurde bei 350 Ärzten zweimal kurz hintereinander angerufen, um einen Termin zu bekommen. Während die gesetzlich Versicherten im Durchschnitt 30 Tage warten mussten, waren es bei den Privatversicherten nur sieben Tage. Auf der Seite des Verbands der Privaten Krankenversicherung wird sogar explizit mit diesem Umstand geworben.

Leistungen der Kassen

Die Unterschiede zwischen den beiden Arten der Krankenversicherung zeigen sich auch in den Leistungen. In der privaten Krankenversicherung werden alle vertraglich vereinbarten Untersuchungen und Behandlungen übernommen, sofern sie notwendig sind. In den gesetzlichen Krankenkassen müssen diese Leistungen immer auch „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein. Das führt beispielsweise dazu, dass private Kassen auch die Kosten für rezeptfreie Medikamente übernehmen. Auch bei neuen Therapien und Medikamenten sind Privatpatienten im Vorteil. Während Innovationen in der gesetzlichen Krankenversicherung einen langen Genehmigungsprozess durchlaufen, profitieren die Versicherten in der Privatversicherung schon, wenn die Fachwelt die Innovationen für sinnvoll hält. Gesetzlich versicherte Diabetiker haben es beispielsweise schwerer, eine Insulinpumpe genehmigt zu bekommen. Dabei handelt es sich um ein Gerät, das kontinuierlich kleine Mengen Insulin ausschüttet.

Tarifdschungel in der privaten Krankenversicherung

Tatsächlich sind die Leistungen in der privaten Versicherung aber nicht immer besser. Teilweise sind die Leistungen sogar schlechter. Denn bei den privaten Versicherungen gibt es einen wahren Tarifdschungel. Im Zweifel entscheidet dann oft der Preis. Laut dem Stern gibt es auch Tarife, die speziell mit einem günstigen Tarif geschaffen werden, um als Köder zu dienen. Diese Versicherungen können im Krankheitsfall existenzbedrohende Lücken aufweisen. Besonders junge Menschen bekommen in der Privatversicherung oft einen günstigen Tarif. Mit dem Alter steigen dann aber auch die Kosten. Das sollte bei der Entscheidung immer mit berücksichtigt werden. Wer Qualität möchte, muss also tief in die Tasche greifen. So sagt der Versicherungsmakler Sven Hennig gegenüber dem Handelsblatt, dass er keine Tarife unter 500 Euro in seinem Portfolio habe.

Unterschiedliche Zielgruppen

Unterschiede zwischen den beiden Formen der Krankenversicherung gibt es auch in den Zielgruppen. Während die gesetzliche Krankenversicherung allen Bürgern offen steht, können in die private Versicherung nur bestimmte Personengruppen. Im Einzelnen sind das vier Personengruppen:

  • Selbstständige und Freiberufler,
  • Beamte, Beamtenanwärter, Richter,
  • Studenten,
  • Angestellte, die die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten (2016: 56.250 Euro, 2017: 57.600).

Für Beamte ist der Wechsel in die private Krankenversicherung noch die sinnvollste Variante. In der gesetzlichen Krankenversicherung werden sie nämlich als freiwillige Mitglieder geführt und müssen den vollen Beitrag selbst zahlen. In der privaten Krankenversicherung erhalten die Beamten hingegen Unterstützung in Form von Beihilfen. Alle anderen Personengruppen sollten sich einen Wechsel in die Privatversicherung gut überlegen. Dabei spielt auch die zukünftige Lebensplanung eine große Rolle. Wer Kinder möchte, ist in der gesetzlichen Versicherung wahrscheinlich besser aufgehoben. Hier gibt es nämlich die Familienversicherung. Auch das Rentnerdasein sollte unter dem Aspekt „kann ich die Privatversicherung auch im Alter noch bezahlen?“ stehen. Für Menschen ab 55 Jahren ist es nämlich fast unmöglich, wieder in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Besonders hart kann das Selbstständige treffen, die plötzlich mit einer Auftragsflaute zu kämpfen haben.

Die Qual der Wahl

Beide Versicherungsformen bieten Vor- und Nachteile. Die private Krankenversicherung punktet insbesondere bei dem Service, also beispielsweise den Wartezeiten bei Ärzten. Außerdem bietet sie größere Freiheiten. Diese Freiheiten bieten aber auch größere Risiken. Die gesetzliche Krankenversicherung punktet mit Sicherheit und der Familienversicherung. Letztlich sollte jeder, der die Wahl hat, gut überlegen, welche Versicherung er wählt.

  Private Krankenversicherung Gesetzliche Krankenversicherung
Zugang Für bestimmte Personengruppen Für Jedermann
Preis tarifabhängig Abhängig vom Einkommen
Übernahme rezeptfreier Medikamente Ja Nein
Leistungen exklusiv massentauglich
Familienversicherung Nein Ja

Zuletzt aktualisiert am: 12. Februar 2024